Excel your life!

Let’s make a plan

Lebensplanung ist im Trend.

Junge Menschen planen bereits vor Antritt ihres Studiums den Rest ihres Lebens durch:

Abschluss, Praktika, Job, Sabbatical, Familie, weiter auf der Karriereleiter, Ruhestand, Weltreise, Beerdigung.

„Suum cuique“, sagt Cicero. 

Life controlled

Was mich an solchen Trends interessiert, ist die Motivation dahinter.

Vordergründig geht es um „Lebensmaximierung“, darum, „das Optimum“ herauszuholen aus der einmaligen Gelegenheit, einige Jahre als Mensch auf diesem Planeten umherwandern zu dürfen.

Das klingt erstmal gut, aber auch sehr nach Betriebswirtschaft.

Nachdem wir jahrzehntelang den Profit unserer Unternehmen maximiert haben, ist der nächste Schritt logischerweise die Selbst-Optimierung und Selbst-Maximierung.

Das Beste herausholen: aus sich, seinem Job, seinen Beziehungen und seinem Leben.

Darum also geht es.

Vordergründig.

Life excel’ed

Damit das Ganze schön übersichtlich bleibt, werden Excel-Tabellen angelegt.

Monitoring progress heißt das.

Hier kann man achievements abhaken und Meilensteine festhalten.

Perfekt!

Überblick, Ordnung, Struktur.

Der Gesamtprozess des Lebens wird in kleinteilige Tasks zerlegt, um bei Abweichungen gezielt gegensteuern zu können.

Ain’t life grand?

Life shut down

Und doch regt sich bei mir leise Skepsis.

Der Verdacht, dass es letztlich um etwas anderes gehen könnte als darum, „das Beste“ zu erreichen.

„Erreichen“ klingt gut.

Klingt nach Arbeit, Verantwortung, Zielstrebigkeit und Ausdauer.

Aber vielleicht dient das Manöver einem ganz anderen Zweck?

Vielleicht geht es gar nicht ums Erreichen, sondern darum, etwas Bestimmtes zu vermeiden.

Vielleicht Ungewissheit?

Vielleicht Überraschung?

Vielleicht Offenheit?

Vielleicht etwas, das wir gar nicht geplant haben?

Etwas, das einfach so in unser Leben tritt und unseren schönen Plan durcheinanderbringen könnte?

Life cancelled

Das Problem: Wenn wir diese Elemente aus unserem Leben streichen, bleibt von unserem „Leben“ nichts mehr übrig.

Wir haben es in eine Excel-Tabelle gepfercht und zu einer Abstraktion gemacht.

Dabei können wir uns noch so oft einreden, dass der Plan „nur der Rahmen“ sei.

Dass es um die vielen erfüllenden Erlebnisse gehe, die man on the ride mitnimmt.

Glauben wir uns das wirklich?

Fakt ist: 

Den Plan hat unser 20-jähriges Ich gemacht.

Wenn unser 80-jähriges Ich ihn immer noch gut findet, dann ist was schiefgelaufen.

Life – a river

Die Flussmetapher von Heraklit ist für mich das tiefste und wahrste Bild des Lebens.

2500 Jahre alt und kein bisschen verstaubt.

Das Leben ist ein Fluss.

Wir sind der Fluss.

Alles ist Veränderung.

Und noch einmal: Wir sind der Fluss.

Wir sind nicht das Flussbett.

Wenn wir uns dafür halten, uns mal breiter und mal enger machen, damit der Fluss in unseren Bahnen fließe – dann spielen wir Gott.

Und darin sind wir verdammt schlecht.

Alle.