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Was sind Imperative und wie bildet man sie richtig?
Der Imperativ (von lat. imperare = befehlen) ist die Befehlsform des Verbs. Im Deutschen gibt es den Imperativ Singular („Geh!“) und den Imperativ Plural („Geht!“). Ersterer richtet sich an eine direkt angesprochene Person (2. Person Sg.), Letzterer an mehrere direkt angesprochene Personen (2. Person Pl.).
Derzeit häufen sich Beispiele für falsch gebildete Imperative nicht nur in der Umgangs-, sondern auch in der Schriftsprache. So mancher Verfasser, der im Übrigen recht eloquent daherschreibt, verrät seine Unkenntnis der deutschen Grammatik durch einen solchen Lapsus. Und selbst Großkonzerne, die Millionen für Marketing ausgeben, haben offenbar Schwierigkeiten, Werbetexter zu finden, die mit den Grundregeln der deutschen Sprache vertraut sind.
Die falschen Imperative betreffen fast ausschließlich eine bestimmte Verbgruppe, nämlich Verben mit sog. Vokalwechsel in der 2. Person Singular.
Verben mit Vokalwechsel in der 2. Person Singular
Der Stammvokal („a“ in „sagen“, „e“ in „reden“, „u“ in „suchen“ usw.) bleibt bei einigen deutschen Verben in allen Personen gleich, in anderen nicht, wie folgender Vergleich zeigt:
sagen (ohne Vokalwechsel)
ich sage
du sagst
er, sie, es sagt
wir sagen
ihr sagt
sie sagen
sprechen (mit Vokalwechsel)
ich spreche
du sprichst
er, sie, es spricht
wir sprechen
ihr sprecht
sie sprechen
Da sich der Imperativ Singular an die 2. Person Sg. richtet, wird er analog gebildet. Hat die 2. Person Sg. eines Verbs einen Vokalwechsel, dann gilt das auch für den entsprechenden Imperativ:
Sag, was du denkst! (ohne Vokalwechsel)
Sprich nicht so mit mir! (mit Vokalwechsel)
Beispiele
Ebenso wird der Imperativ Singular aller Verben mit Vokalwechsel gebildet:
Sprich lauter!
Nimm dir das nicht zu Herzen!
Friss nicht so viel!
Empfiehl uns weiter!
Gib mir bitte das Salz!
Lies den Artikel!
Sieh dir das an!
Vergiss mich nicht!
Begib dich nicht in Gefahr!
Tritt jetzt bei und profitiere von allen Vorteilen!
Die Imperative „Nehme! Gebe! Lese! Sehe!“ usw. sind dagegen schlicht falsch. Sie sind wohl darauf zurückzuführen, dass der Imperativ irrtümlich vom Infinitivstamm des Verbs abgeleitet wird.
Zusammenfassung und Ausblick
Sätze wie „Nehme an unserem Gewinnspiel teil!“, „Sehe dir unsere Angebote an!“ oder „Spreche mit unseren Servicemitarbeitern!“ sind grammatisch falsch, ohne Wenn und Aber – zumindest einstweilen.
Verben mit Wechsel des Stammvokals in der 2. Person Singular übernehmen diesen Wechsel regelmäßig in den Imperativ.
Auf (sehr) lange Sicht wird sich der Vokalwechsel allerdings wohl nicht halten können, weil der Formenreichtum der deutschen Sprache tendenziell abnimmt (wie sich auch am Absterben zahlreicher Konjunktivformen zeigt). Denn der Mensch ist bequem und scheut Komplexität. Die englische Sprache macht es vor: Ihre Formenpalette ist bereits auf ein Minimum reduziert – wohl mit ein Grund, warum sie als Weltsprache so effektiv ist.
Noch ist es aber nicht so weit; der Vokalwechsel bleibt vorerst zwingend.
Gebe also acht, dass du ihn nicht vergesst!